Von Fabian Hoffmann, Principal Solicitor, Boettcher Law
Australien bietet Unternehmen hervorragende Möglichkeiten, international zu expandieren oder einen neuen Markt zu erschließen. Doch gerade für ausländische Unternehmer ist die Wahl der richtigen Unternehmensstruktur und eine gute Corporate Governance entscheidend, um Haftungsrisiken, steuerliche Nachteile und rechtliche Fallstricke zu vermeiden.
In diesem Leitfaden gebe ich einen umfassenden Überblick über die wichtigsten rechtlichen Aspekte bei der Unternehmensgründung in Australien.
Unternehmensstrukturen in Australien – Überblick
Strukturen ohne eigene Rechtspersönlichkeit
- Sole Proprietor (Einzelunternehmer)
- Partnership (Personengesellschaft)
Strukturen mit eigener Rechtspersönlichkeit
- Company (Kapitalgesellschaft, insbesondere Pty Ltd)
- Trust (Discretionary Trust, Unit Trust, Superannuation Fund)
Weitere Optionen
- Joint Venture
- Strukturkombinationen (z. B. Holding/Operating-Strukturen)
Welche Form am besten passt, hängt von vielen Faktoren ab, darunter Art der Tätigkeit, Steuerplanung, Haftung und Flexibilität für zukünftige Entwicklungen.
Auswahl der passenden Struktur
Zentrale Fragen:
- Handelt es sich um ein neues Unternehmen oder um eine Erweiterung?
- Welche Art von Einkünften werden erzielt?
- Wie viele Beteiligte sind involviert?
- Wie hoch ist der Finanzierungsbedarf?
- Welche Rolle spielen Steuern, Haftung und Nachfolgeplanung?
Die Wahl der Struktur beeinflusst Eigentumsverhältnisse, steuerliche Behandlung, Haftungsrisiken und die Flexibilität für Wachstum oder Verkauf.
Sole Proprietor (Einzelunternehmer)
Vorteile: Einfach, geringe Kosten, Steuerverluste können verrechnet werden.
Nachteile: Unbeschränkte persönliche Haftung, kaum Steuerplanung möglich.
Partnership (Personengesellschaft)
Vorteile: Einfach, Ressourcenbündelung, Einkommensaufteilung.
Nachteile: Unbegrenzte persönliche Haftung, schwierige Anteilsübertragungen.
Wichtig: Für größere oder wachsende Unternehmen sind diese Strukturen oft ungeeignet.
Die Pty Ltd – Die bevorzugte Struktur für KMU
Vorteile
- Begrenzte Haftung: Schutz des Privatvermögens.
- Steuerliche Vorteile: 25 % Körperschaftsteuer, Imputation System.
- Unbegrenzte Lebensdauer (Perpetual Succession).
- Flexibilität: Kapitalaufnahme, Gewinnthesaurierung.
- Investorenfreundlich.
Nachteile
- Höhere Gründungs- und Verwaltungskosten.
- Strengere Compliance.
- Keine CGT-Ermäßigung für die Gesellschaft.
- Steuerliche Verluste bleiben im Unternehmen.
Gründung & Struktur
- Registrierung bei ASIC.
- Mindestens ein ansässiger Director.
- Mindestens ein Gesellschafter.
- Optional: Company Secretary.
- Constitution oder Replaceable Rules.
Laufende Compliance
- ASIC-Gebühren.
- Steuerberatung/Buchhaltung.
- Berichtspflichten (Jahresabschlüsse, Steuererklärungen).
- Buchführung, Corporate Register.
Kombinationen von Unternehmensstrukturen
Viele Unternehmen kombinieren Strukturen zur Risikosteuerung, Steueroptimierung und Flexibilität:
Holding & Operating Pty Ltd
- Haftungstrennung zwischen Betrieb und Vermögenswerten.
- Zentrale Kontrolle und flexible Expansion.
Trusts als Gesellschafter
- Steuerliche Flexibilität.
- Vermögensschutz.
- Nachfolgeplanung.
Joint Ventures
- Risikoteilung.
- Know-how-Nutzung.
- Vertraglich oder über gemeinsame Gesellschaft.
Alternative: Das Branch Office
Eine Zweigstelle eines ausländischen Unternehmens:
- Vorteile: Kein Kapitalbedarf, direkte Kontrolle.
- Nachteile: Unbegrenzte Haftung der Muttergesellschaft, komplexe Steuern, geringere Marktakzeptanz als Pty Ltd.
Praxis: Für den Markteintritt möglich, aber für langfristige Aktivitäten ist die Pty Ltd fast immer besser geeignet.
Corporate Governance – Die Basis guter Unternehmensführung
Was bedeutet Corporate Governance?
Ein System von Regeln, Prozessen und Praktiken zur Leitung und Kontrolle des Unternehmens, um:
- Klare Verantwortlichkeiten zu schaffen.
- Risiken zu minimieren.
- Rechtliche Compliance sicherzustellen.
- Transparenz gegenüber Anteilseignern und Partnern zu gewährleisten.
Zentrale Organe einer Pty Ltd
- Shareholders (Gesellschafter)
- Eigentümer des Unternehmens.
- Ernennen Directors.
- Entscheiden über wichtige Angelegenheiten.
- Directors (Geschäftsführer)
- Leiten das Unternehmen operativ.
- Tragen rechtliche Verantwortung.
- Company Secretary (optional)
- Administrative & Compliance-Aufgaben.
Die Pflichten der Directors
Directors haben gesetzlich klar geregelte Pflichten (Corporations Act 2001):
- Treuepflicht: Handeln im besten Interesse der Gesellschaft.
- Sorgfaltspflicht: Informierte, fachkundige Entscheidungen.
- Interessenkonflikte vermeiden: Offenlegungspflicht.
- Insolvent trading vermeiden: Keine Geschäftsführung bei Zahlungsunfähigkeit.
- Einhaltung gesetzlicher Vorschriften: Steuer, Buchführung, Berichtspflichten.
Beispiel: Ein Director darf keinen Vertrag mit einem eigenen Unternehmen abschließen, ohne vollständige Offenlegung und faire Marktbedingungen.
Wichtig: Da ausländische Gesellschafter einen lokalen Director benötigen, sollte diese Person absolut vertrauenswürdig und kompetent sein.
Praktische Governance-Instrumente
Shareholders’ Agreement
- Regelt Rechte & Pflichten der Gesellschafter.
- Gewinnverteilung, Anteilsübertragungen, Streitbeilegung.
Company Constitution
- Legt interne Abläufe fest (Directorenernennung, Stimmrechte, Dividenden).
- Ersetzt oder ergänzt die Replaceable Rules.
Weitere Instrumente
- Directors’ Resolutions: Formelle Beschlüsse.
- General Meetings: Gesellschafterversammlungen.
- Buchhaltung & Jahresabschlüsse.
- Corporate Register: Dokumentiert Gesellschafter, Directors, Beschlüsse.
Hinweis: Eine maßgeschneiderte Constitution und ein gutes Shareholders’ Agreement sind zentrale Bausteine, um Konflikte zu vermeiden und das Unternehmen zukunftssicher zu führen.
Replaceable Rules vs. Company Constitution
Kriterium | Replaceable Rules | Company Constitution |
---|
Quelle | Corporations Act 2001 | Individuelles Dokument |
Flexibilität | Gering | Hoch |
Geeignet für | Einfache Strukturen | Komplexe Strukturen, mehrere Gesellschafter |
Offenlegung | Nicht erforderlich | Kann öffentlich sein |
Änderung | Automatisch durch Gesetz | Durch Gesellschafterbeschluss |
Fazit: Für einfache Unternehmen mögen Replaceable Rules ausreichen, für komplexere Strukturen ist eine Constitution unerlässlich.
Company Constitution vs. Shareholders’ Agreement
Kriterium | Company Constitution | Shareholders’ Agreement |
---|
Rechtsstatus | Teil der Gesellschaftsdokumente | Privater Vertrag |
Bindung | Gilt für Unternehmen, Directors & Gesellschafter | Gilt nur zwischen Vertragspartnern |
Offenlegung | Möglicherweise öffentlich | Vertraulich |
Flexibilität | Eingeschränkt | Hoch |
Änderung | Gesellschafterbeschluss | Zustimmung der Vertragspartner |
Schnittpunkte
- Stimmrechte, Anteilsübertragungen, Deadlocks können in beiden geregelt werden.
- Unterschied: Regelungen in der Constitution gelten automatisch für neue Gesellschafter; Shareholders’ Agreements müssen von neuen Gesellschaftern separat unterzeichnet werden.
Fazit: Rechtssicherheit & Flexibilität durch gute Struktur und Governance
Die richtige Unternehmensstruktur und eine klar definierte Corporate Governance sind keine Formalitäten, sondern der Schlüssel zu einem erfolgreichen, rechtssicheren und wachstumsfähigen Unternehmen in Australien.
Boettcher Law unterstützt Sie bei:
- Auswahl der optimalen Struktur.
- Erstellung maßgeschneiderter Company Constitutions und Shareholders’ Agreements.
- Laufender Compliance-Beratung.
- Bestellung und Schulung von lokalen Direktoren.
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